[vorgaben des bauherrn]
In der ca. 50m² großen Räumlichkeit sollte eine Art von Musikcafé entstehen,
in welchem sich auch typische Elemente der so genannten „American Bar“ wieder
finden lassen. Musikcafé stand nach der Definition des Bauherrn für ein Lokal,
in dem es möglich sein sollte miteinander zu kommunizieren, einen fachmännisch
zubereiteten Cocktail zu trinken, meditativer Musik zu lauschen und evt. auch
kleinere Speisen zu sich zu nehmen. Selbstverständlich war es wichtig, für eine
möglichst große Anzahl von Gästen diese Voraussetzungen zu schaffen. Dies
bedeutete jedoch nicht eine quantitative Sitzplatzoptimierung, gefragt war
vielmehr eine Art von qualitativer Enge. Ein weiteres Anliegen des Auftraggebers
war es, seine große Liebe zur asiatischen Kultur zu thematisieren, wobei dieser
Wunsch in nicht näher festgelegter Form aufgegriffen werden konnte. Unter anderem
stand jedoch fest, dass die im Lokal zu verabreichenden Speisen hauptsächlich der
thailändischen Küche entspringen werden. Nahe liegender Weise war dadurch auch
der Gedanke vorhanden, ein die Speisen sozusagen unterstützendes Ambiente zu schaffen.
 
[raumkonzept]
Die größten Erschwernisse brachte die Höhenlage (Differenz von Eingangsniveau zu
Lokal-Fußboden von -80cm) und der Zuschnitt des Raumes mit sich.
Die geringe Breite
und Höhe machte es unmöglich funktional getrennte Zonen zu bilden, sondern bedeutete
grundsätzlich das Lokal als ein wirksames Ganzes auf zu fassen - eine Einheit der
trotz ihrer Offenheit die unterschiedlichen räumlichen Eigenschaften klar zuordenbar
sind. Da der gastronomie-technische Platzbedarf auch bei einem "Klein-Lokal" eine
gewisse Größe erfordert, stellte sich die Frage wie der Gastbereich, der im Vergleich
zum Bereich des Personals eine relativ hohe Zahl an Personen aufnehmen muss, nicht
zu viel an räumlichen Gewicht verliert bzw. der Raum "hinter der Theke" die oben
beschriebene Einheit bestärkt.
Die erforderliche Stiege sollte die Anziehungskraft des Lokals steigern, indem sie
die Hemmnis des Eintritts herabsetzt und den Übergang von Außen zu Innen
begünstigt.
Die im Gespräch kennen gelernten Charaktereigenschaften des Bauherrn, wie Weltoffenheit,
Toleranz und Liberalität (im soziologischem Sinn), befürworteten ebenfalls diese
prinzipiellen Festlegungen.
 
[entwurf]
Die statische Struktur des Raumes erzeugte auf Grund ihrer Orthogonalität eine
äußerst starre Wirkung. Rippen, Unterzug und Halbpfeiler sollten aber nicht versteckt,
sondern zur rahmen-gebenden Kulisse werden.
Primäres Gestaltungselement ist die Theke, die als lineare Großform die räumliche
Beschränktheit aufbricht und die entsprechenden Funktionsbereiche festlegt. Mit Hilfe
der Verdrehung wird die nötige Distanz zur statischen Struktur geschaffen - die Theke
behauptet sich als selbstständiges, dynamisches, aber zurückhaltendes Objekt. Sie soll
nicht als Grenzlinie zwischen Personal- und Gastbereich aufgefasst werden, sondern
räumliche Verknüpfungen ermöglichen, die der funktionalen Trennung entgegenwirken.
Eine ungewöhnliche Abwandlung des Thekenmotives entsteht durch die Höhenentwicklung
des Fußbodens. Dies führt dazu, dass das Thekenende zu beidseitig nutzbaren Tischen
umgewandelt wird.
Die durchlaufende Bank nimmt den Großteil der Gäste auf. Sie bildet das notwendige
Gegengewicht, das trotz der formalen Gleichförmigkeit Sitzplätze unterschiedlichster
Qualität entstehen lässt.
Der "eingestellte" WC-Block wird an der Schräge der Bar ausgerichtet, ist aber durch die
Oberflächenübereinstimmung Bestandteil der vorhandenen Wand- und Deckenflächen.
Einzelne Kunstgegenstände aus dem fernöstlichen Raum geben dem Lokal den letzten Schliff.
Durch den behutsamen Einsatz dieser Objekte wird die Atmosphäre des Raumes in Richtung
dieses Kulturkreises orientiert. Da es sich dabei allerdings um Maßnahmen von dekorativer
Art handelt, bleibt die Architektur an sich davon unbeeinflusst.
Das Portal ist jener Teil, der in die Gestalt des öffentlichen Straßenraumes eingreift.
Die Identität des Lokals soll zum Ausdruck gebracht werden, mit Mitteln, die der dahinter
liegenden Räumlichkeit angemessen erscheinen. Das Motiv der Theke mit ihrem gerundeten
Ende wird formal aufgegriffen - das Ergebnis ist eine dezente aber dennoch markante Komposition.
 
wolfgang kuntner - 2003
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